Käthes Stiefelknecht
Im Vorgarten ist kaum bewegte Luft. Käthe sitzt in schwarzen Stiefeln auf den Treppenstufen zum Hauseingang. Ihre rötlichen Locken sprühen Funken im Sonnenschein. Sie putzt das Stiefelleder in graden Bahnen. Sie fährt mit dem Tuch auf und ab. Ich kenne diesen konzentrierten Blick, diese Suche nach Musik in der Stille. Ich schaue hinaus zu ihr und verpasse meine Lieblingssendung im Radio und eine Eifersuchtsshow im TV. Stille Momente des Bannens. Dieser erhabene Anblick. Dieser Moment des Genießens. Während sie ihre Stiefel putzt, sieht sie aus, als würde sie ihre Beine rasieren. Diese weißen, graden, weichen Beine. Diese Beine aus meinen Jugendträumen unterhalb von Rock und in Jeans, wie sie nur meine blutjunge Chefin meiner Lehrjahre hatte. Diese überaus flinken Beine. Ein Anblick, den ich nie beschreiben, aber immer im Hinterkopf behalten wollte. Dieser Hauch von x, diese minimale Fehlstellung beim Abknicken des linken Unterschenkels, diese zaghafte Zunahme des Oberschenkels zur Körpermitte. Dieser nicht ganz gleichschenklige Grübchenschritt. Oben innen und außen etwas tiefer zwei Muttermale in warmen Farben. Kackbraun und mit schwarzen langen Haaren drauf.
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mvs64 - 19. Nov, 17:13
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