Jonathan kauft sich einen Fotoapparat
Mein Vater war früher ein großartiger Fotograf. Er besaß so einen Kasten aus Leder und Metall, mit Rädchen, Lamellen, Hebeln und Tabellen. Das Ding surrte wie eine alte Singer. Es klackte geschmeidig und dennoch satt. Überall in der Wohnung trockneten weiß umrahmte Schwarzweißabzüge, nach Chemie und der großen weiten Welt duftend. Frauengesichter in 30 x 45 per Wäscheklammer aus Buchenholz feucht in der Wohnung baumelnd. Mit Hut und edlem Geschmeide und immer die Hand am runden Kinn. Weiches Licht für Mädchen, hartes für Männer. Mein letzter Knipskasten hat vor zwanzig Jahre den Geist aufgegeben. Er schimmelt dahin, wie die weiß umrandeten oder gezackten Erinnerungen, unfreiwillig unscharf wie Hamiltons Lolitakitsch. Heute ist ja alles so einfach. Bunt und knackscharf und sofort da und auch sogar für meinen Geldbeutel. Drum entschließe ich mich zum Kauf eines neuen Apparates.
...
...
mvs64 - 24. Okt, 09:12
0 Kommentare sag was dazu Kommentar verfassen