Jonathan und Käthe

12
Jun
2008

Splitter

Mein Onkel war ein strenger Mann. Streng zu sich, seinen Freunden und seiner Familie. Hart und karg. Satt in der Stimme. Güte im Blick. Verletzt im Abgang. Das Kommen und Gehen ist mitunter die schwierigste Hausnummer. Ich will mich schließlich an mein Lieblingsgericht gewöhnen. Ich will keine Braten in fremde Röhren schieben. Ich möchte eine ruhige Nummer sein, die im Wind mit leicht zerzaustem Haar dasteht. Ein respektables Stück Leben, wie es mein Onkel war. Gut, ich schlage weder Frau noch Kinder, aber irgendwo greift doch immer ein Haken, oder?

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21
Apr
2008

Zweierlei Maß

Käthe hat zwei verschieden lange Beine. Daher kommen ihre Kreuzschmerzen. Sehen kann man das nicht. Der Hintern liegt waagerecht an der richtigen Stelle. Alles ist ausgewogen und gut proportioniert. Käthe hat keinen Grund sich zu beschweren, auch wenn die Beine ein wenig länger und ein bisschen schlanker sein könnten. Aufgrund ihrer verschieden langen Beine, hat sie aber einen seltsamen Laufstil entwickelt. Sie läuft jeden Weg im Halbkreis gegen den Uhrzeigersinn, da das linke Bein das Kürzere ist. Das bedeutet auch, dass ich nie links neben ihr spazieren gehe, weil sie mich dann immer von der Strecke drängt oder meinen Laufweg schneidet. Deswegen gehe ich rechts neben ihr und um neben ihr zu bleiben, laufe ich diese Halbkreise immer mit, was mittlerweile dazu geführt hat, dass ich durch dieses unorganische Gehen (denn ich habe gleichlange Beine) Schmerzen in der linken Hüfte verspüre.

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22
Mrz
2008

Sonntag doch auf dem Lande

Früher waren die Marktplätze auch die Richtplätze oder umgekehrt. Es gab dort den Höhepunkt der ruhigen dörflichen Idylle. Man schliff die Klinge der Guillotine, man bereitete alles sanft beherzt, wenn auch nicht fröhlich pfeifend vor.

Der Apfel fiel nicht weit vom Stamm. Ein Apfelhändlerehepaar musste dran glauben, weil es verfaulte Äpfel verkauft hatte. Zunächst wollte man sie mit eben diesen faulen Äpfeln bewerfen und vertreiben, doch dann wurde das Urteil zum unspektakulären Vergnügen der Bevölkerung revidiert. Die Köpfe sollten in Apfelkörbe fallen, leuchtend rot und saftig. Die Frau noch mit einem frischen Arbeitskopftuch versehen. So geschah es dann auch.

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9
Mrz
2008

Sonntag nicht auf dem Lande

Kaffeeduft zieht durch die Morgennebel. Nebel sind dichter und heller als Tageslicht. Kaffeeduft ist noch schöner als Benzin im Nacken. Du kämmst dich auf dem grünen Kunstlederhocker. Ich betrachte dich seitlich. Du hast den weltweit schönsten Busen, ein kantiges Grübchen und die weißeste Haut in der ganzen Mietskaserne.

Ich bin also ein glücklicher Mann, der sein Hörnchen schon mal in den Nebel taucht, bevor es komplett im Milchkaffee versinkt. Es läuft Musik vom Band für den Hosenbund. Bewegung tut gut, denn das letzte Bier gestern Abend hatte so einen schalen und offensichtlich dick machenden Beigeschmack. In deinen kräftigen, fraulichen Locken verfängt sich die Bürste. Niemand striegelt sich so robust wie du.

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30
Jan
2008

q.e.d.

Eines Morgens will Käthe hochfahren. Ladefehler lassen sie aber in ihren Rücken und Kreislauf sinken. Ich gehe lieber ohne Vieh und Hund spazieren und sammle Katzen visuell am Regensrand des Weges. Neben ihrer Rustikalität und Feinhaxigkeit, ist mir ihre berührende Mühseele ein wenig zu viel. Dann muss ich Luft einholen gehen. Die Luftmärkte machen ab acht Uhr morgens auf. Manchmal ist sogar noch ein wenig Morgentau von der nächtlichen Melancholie übrig. Davon nehme ich eine Hand voll für 2 Euro 55 und ein Bund Suppengrün. Ich koche mich in den Tag ein. Sehr vorsichtig, sozusagen milde und lauwarm. Soll Käthe mein zwischenzeitliches wach sein doch weiter verschlafen.

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23
Jan
2008

Erlebnisgastronomie

Immer wieder berührt mich meine Nachbarin Ilse durch ein tiefes Sockenloch hindurch. Ihr langes Haar, ihr betulich warmes Wesen und ihr Tee begleiten Käthe und mich seit Monaten auf das Herzlichste. Ilse ist nicht aufdringlich, aber ehrlich und gesteht uns eines Tages butterweich und dotterwarm ihre Liebe. Im unbekleideten Zustand, oder im durchsichtigen Umhang bereichert sie seit dem Käthes Wohnung, denn bei Käthe ist mehr Platz zum Wandeln und Tee aufbrühen. Wir schlafen nun zu dritt in einem Bett. Ich darf leider nicht in der Mitte liegen. Diesen Platz hat sich kluger Weise Käthe gesichert, so dass sie nach beiden Seiten hin schmusen und näseln kann.


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14
Jan
2008

Benehmen

Was ich ganz tief in mir wünsche, kann ich gar nicht sagen. Käthe sagt es aber. Das führt zu einem nur kurzen Nachdenken für mich. Schließlich, so glaubt sie, hat jeder Mann etwas verrucht Respektloses in sich, so eine Art Untier mit dem der Mann bei Frauen nur Unverständnis ernten kann. Aber Käthe versteht das, weil sie weiter denkt. Sie denkt und ich verharre dabei.

Meinen unbeholfenen und doch irgendwie respektvollen Umgang mit ihr, findet sie schon lange unauthentisch. Ich könne doch einfach mal so Sachen sagen, wie: „Bück dich, du Schlampe!“

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1
Jan
2008

Würden Sie ihre Frau noch einmal heiraten?

Was ich wirklich hasse, ist, dass die Kochshows die Talkshows verdrängt haben. Talkshows waren mein berechtigtes Parallelleben. Kochen kann ich nicht. Essen kann ich, aber nicht besonders gut. Die absolut unbeantwortbaren Fragen gab es früher mehrmals am Tag. Kochen hingegen ist immer einfach. Selbst Fisch ist einfacher, als man denkt. Allerdings denken muss nicht sein, Hauptsache es schmeckt.

Die absolute Grundlebensfrage lautet: Würden Sie alles noch einmal genauso machen, wenn Sie könnten? Natürlich wird diese Frage immer mit „Ja!“, beantwortet. Der moderne Mensch bereut nicht, aber er scheut sich auch nicht Schwächen zuzugeben. Der moderne Mann hat eine Einparkschwäche. Die moderne Frau eine Schwäche für bestimmte Rasierwasser.

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18
Dez
2007

Beim Weihnachtstherapeuten

Mein gestörtes Verhältnis zu allem, was schön ist, gilt es aufzuarbeiten. Weihnachten z.B. ist schön. Dennoch wirke ich jedes Jahr um diese Zeit verstört. Ich habe seltsame Zuckungen im Gesicht, Sabber läuft mir aufs Kinn und Nase und Zehen sind kalt und trocken. Dieses Jahr beschließt Käthe für mich, dass ich nötigst etwas dagegen tun muss. Ich soll und darf vor allem mich endlich der Schönheit öffnen. Ich muss dazu übergehen Weihnachtsmänner anzulächeln. Ich habe die Pflicht dankbar zu sein, dass mich Mutter unter Schmerzen zur Welt brachte. Ich werde kleinlaut, wenn Käthe darunter leidet, dass ich so Panne bin und begebe mich in Therapie.

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13
Dez
2007

Am Ufer

Einkaufsbummeln mit Käthe ist kein schönes Erlebnis für mich. Zumeist befindet sie sich in den Läden und ich sehe draußen den Stilettos nach oder blicke zwangsläufig auf schlaffe und erstarkte Gesäße in meiner Augenhöhe, da ich sitze. Dessous in allen Formen und Größen, Schlankmacherpillen und Porundmacher haben wir bereits besorgt. Käthe benötigt nur noch ein neues Halsband und eine schicke Leine. Ihr altes Rüst- und Zaumzeug haben wir mittlerweile verbraucht. Es wird eben selten Qualität hergestellt und Käthe ist definitiv zu eitel, um auf den Baumarkt zurück zu greifen. Zudem bin ich kein Heimwerker. Herren die ihre Damen an schicken Leinen durch die Städte ausführen, sind sehr in Mode gekommen und Käthe wollte sich da nicht lumpen lassen. Ich bin hingegen, was derartige Moden angeht, doch recht leidenschaftslos.

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