Befindlichkeiten

23
Aug
2009

Auf Knien

Wenn ich meinen ersten Ekel abgelegt habe, dann kann ich auch mit Menschen reden, ihnen zuhören, ihre unappetitliche Haut berühren. Du bist für mich fast nichts anderes, als ein unbeweglicher Klumpen Fleisch, arglos, wenig verwundet und still an den richtigen Stellen. Das rührt mich fast. Deine Existenz, welche nach Berechtigung winselt, ist so schon beinahe begründet. Ich kann Frauen nur auf Knien ertragen, mit dem Gesicht zur Wand. Dann können wir reden. Bei Bier oder Tee gibt es vollendete Gespräche. Bruchstücke werden zu Floßleichen. Strandgut im Kopf. Strandgutsprache im Gesicht. Ich verkehre mit dir auch nur, wenn du wegschaust.

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14
Aug
2009

23 Jahre

Rosen aus Tränenwasser auf der Brust. Verschlungene Pfade, welche die Darmwände hochklettern. Fühlbarer Dünensand von damals. Die Haut kribbelt noch. Sonst ist alles anders. Mehr als ein halbes Leben anders. Zwar keine Kinder zwischen den Füßen. Aber Geschwüre und viel Blut und tonnenweise Angst. Heute verstehe ich Angst besser. Sie ist nicht heilbar, aber entmystifiziert. Sie liegt wie eine Heidschnucke, ungebraten und ungeschoren auf dem Teller. Mit großen fragenden Augen. Wie Kinderaugen, die einen verschlingen, die einen fertig machen.

Du bist mein bestes Gewissen geblieben. Kantig, und dabei dauerhaft gut greifbar. Du bist das beste Argument gegen Damen mit Korkenziehern im Mutterschlund. Du weichst nicht aus. Man möchte alles verstehen, aber ein Zeitraum von 23 Jahren ist einfach nicht zu begreifen.

14. August 2009

12
Aug
2009

Zehn Jahre

Es regnet Blumen, manchmal auch Innereien, meistens eigentlich Innereien. Das Wenigste davon sind Spendenorgane. Ich bin wetterfühlig. An manchen Tagen regnet es in mir. Ich sitze dann nur neben dem Bett und verfasse Schüttelreime, oder führe längst fällige Gespräche. Dann stehe ich wieder auf und überprüfe seine Sauerstoff- und Pulswerte. Taktet die Lunge einigermaßen normal!? Heute den Doktor holen, oder nicht!? Immer wieder will die Dienststelle etwas von mir. Warum die Pläne nicht ordentlich geführt sind und wer am Sonntag bei ihm ist. Dabei interpretiere ich jedes Geräusch seines Atems: grad noch in Ordnung, komisch aber vertretbar, kritisch, äußerst kritisch. Neuerdings ruft auch immer wieder dieses blonde Luder hier an. Die einzige Frau mit erkennbarer Hüfte im Büro.

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9
Aug
2009

Orgien! Orgien! Wir wollen Orgien*

Scheiße, diese Nacht war keine Nacht. Ganz taghell und überall Mond in den Knochen. Zwischen Matratzen und Champagnerflaschen lahmt mein Kreuz. In der Ecke ruht die Nacktputze, welche wir beauftragt hatten. Freilich vollkommen angezogen und dick und voll gefressen von den Massen an Meeresfrüchten, welche auf dem Parkettboden tanzten und ihn besudelten. Gefesselte Menschen sah ich an der Wand, welche ausschweifend sangen, während Brüder in langen Gewändern Futterkrüge mit feinstem Getreide über ihnen ausleerten. Schauspieler stellten Szenen nach mit zweideutigem Charakter, aber stets mit historischem Bezuge. Die Knabenliebe wurde dabei in Erwägung gezogen. Solide Geschäftsleute trugen Röcke ohne Unterröcke. Fette Kuchendamen verspeisten die Kleidung ihrer Nachbarinnen, freilich mit viel Puderzucker bestreut. Der Pudel wurde ungeschoren zum Suppenhuhn und schmeckte fad und zäh. Es liefen wieder einmal die alten Platten. Die Stones, The Who, und The Clash dröhnten unaufhörlich und die Polizei holte die Schlagstöcke raus um mitzufeiern. Ein Bulle wurde geschlachtet und hauchdünn gespänt. Lecker, intensiv, rauchig. Auswurf, Mageninhalt und Essen wurde zu einer undefinierbar grauen Masse. Und überall Blut. Blut und Späne. Und in den Schöngeistecken Lesungen! Lesungen! Lesungen! Voll gesogenes, schmachtend Schönes Gedankengut, von wahrer Ehrlichkeit, mit Ernst und Innereienschmerz. Musikanten spielten ihre Lieder so schön und echt, wie sie konnten und vollführten wahre Liebesakte mit ihren Instrumenten. Sekretärinnen ließen sich von den Pförtnerhunden in ihre breiten platt gesessenen Hinterteile beißen. Ich muss schon sagen, es war schön, dieses erste Betriebsfest meiner kleinen Firma.

9. August 2009

* In der Antike war die Orgie (griechisch: órgia = heilige Handlung) die Bezeichnung für eine ekstatische Begehung in den Mysterienkulten. Im übertragenenen Sinne steht Orgie für "ausschweifendes Gelage" oder allgemein für "Ausschweifung". Orgien werden in mehreren Asterix-Abenteuern thematisiert.

Natürlich stechen dabei die Abenteuer "Asterix und der Kupferkessel" und "Asterix bei den Schweizern" dabei ganz besonders heraus. Im erstgenannten Album findet die erste Erwähnung jedoch noch nicht im Theater statt, sondern bereits auf dem Markt von Condate erkundigt sich eine Kundin bei einem Schlachter nach einer Hammelkeule für eine Orgie von 15 Personen. Die bekannteste Szene folgt schließlich auf Seite 29, als ein Schauspieler den Text "Orgien! Orgien! Wir wollen Orgien!" während seiner Proben und später auch in der Aufführung im Theater von Eleonoradus verwendet.

Quelle: comedix.de - Asterixarchiv

7
Aug
2009

Tortendeckel trifft Glühwürmchen

Eine verwirrende Hausanlage. Anonym mit langen Gängen und vielen Außenbalkonen. Unten kleine Kinder mit strickenden Müttern in Sandkastennähe, daneben streunende Katzen und Hunde an der Leine. Die Hausmeisterfirma pingelig. Ganz schön sauber hier. Keine angenehme Gegend. Ich mag diese Außenbezirke nicht. Man muss lange fahren um dahin zu gelangen und wird von aufdringlich fragenden Kinderblicken empfangen. Das ganze Viertel wirkt wie ein schwangerer Ruhepol. Der Immobilienerwerb wird früh in Angriff genommen, eine vernünftige Bildung weniger, eine Karriere immer. Verirrte Soziologen, wie ich, dazu in die Jahre gekommen, sind hier nicht willkommen.

Ich läute bei Weißhaupt. Richte mich grade, halte die Blumen artig und mutig in Position.
„Was ist denn?“, fragt die Frau in der Tür ungehalten.
„Ich bins doch, Tortendeckel!“, sage ich leise.

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6
Aug
2009

Das Kreuz der Gärtnerin

rotespotmaticblume

Meine Nachbarin trägt Kittelschürze und Teilkunsthaar. In all den Jahren haben wir vier Sätze miteinander gewechselt und unzählige lachende Blicke. Zu Ostern, meinem Geburtstag und zum Nikolaus steht Schokolade vor meiner Tür. Manchmal auch eine Flasche Eierlikör, selbst gemacht und mit selbst gemaltem Etikett. Es kommt auch vor, dass sie ein Urlaubsfoto von sich beifügt. Sie in Italien im eleganten Kleid vor einer fotogenen Burgruine. Einmal hat sie mir sogar ein paar Gummihandschuhe geschenkt in blau und fast elegant. Seit jeher buddelt sie mit quietschgelben Arbeitsüberziehern in der Erde. Sie hat ein Buch raus gebracht über Gartenpflege und macht Werbung im Laubenmagazin für die Firma Ostgummi. Ihr Lieblingsgericht ist Spargel mit Schinken. Sie zieht ihre Handschuhe eigentlich nie aus. Vielleicht wäre das auch schon zuviel des Guten.

Sie heißt Hertha und wenn sie sich bückt schaue ich schamhaft weg. Sie meint, dass ihr Schwimmerinnenkreuz von der Gartenarbeit kommt, aber sie könne damit gut Leben. Seit sechs Jahren lieben wir uns heimlich. Es kommt dabei aber nichts raus.

6. August 2009

2
Aug
2009

Neues Video mit den Texten ...

... Die Mädchen aus dem Alstertal ... und ...

Ich hasse dich nicht.

Die ersten Polas sind da

Gestern in Altona und auch bei meinen Eltern in Rellingen mal die Polaroidknipse mit dem 600er ausprobiert. Coole Sache das.

altona und rellingen polas 1

altona und rellingen polas 2

31
Jul
2009

Die Mädchen aus dem Alstertal

Sprachlos und verschnürt komme ich mir vor, wenn ich sprachlosen und verschnürten Menschen begegne. Wenn sie schweigend an mir vorübergehen, mit Tennisgesicht. Ovale Wangen, zugespitztes Kinn. Versessen auf Pferde ohne Emotionen zu zeigen. Sie kichern gehemmt, wenn einer betrunken durchs Dorf torkelt und Heine rezitiert. Die Spangen leuchten im Silberwind, unterm Silberblick. Die Lesebrillen für die Speisekarte.

...

alstertaltromanze 107

25
Jul
2009

Gepflegt und schön

Bevor das Ejakulat auf der Lockenpracht auftrifft, wird es vom Haarfestiger abgesprengt. Makrokristalle sprühen durch die Sonnen durchflutete Luft. Die Gänsehaut glättet sich. Sie ist weich und wohlriechend und safer. In den Achseln herrscht die Campinglust. Hollywood live und knackig mit Schaukeln und Falten beherrschenden Bunsenbrennern. Kokospralinen liegen aus. Über den Augen ein Film aus Gelee. Farbsicher, bruchsicher, flexibel. Du schmeckst nach Raureif und chinesischer Pudelsuppe. Du riechst wie ein mit Bier eingeöltes Koberind. Wir sind unbeweglich, aber schön. Wir haben Pflegestufe 3 plus beantragt.

25. Juli 2009
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