Befindlichkeiten

28
Nov
2010

Schinkenröllchen

Seine Frau macht jeden Samstag Schinkenröllchen mit Kochschinken und Spargel aus dem Glas. Er steht auf Mischhack mit Senf und Harzer Roller. Er hat es seiner Frau nie gesagt. Nach 51 Jahren ist es nun auch zu spät.

Er fährt gerne mal alleine mit der Bahn in die Stadt. Da besucht er seine ehemaligen Kollegen, mindestens einmal die Woche. Er war früher im Keller bei Brinkmann und hat die Sachen repariert. Brinkmann ist ja nun nicht mehr und die Kollegen sitzen bei Saturn. Inner Betriebskantine ist es nicht wie früher, aber man kann es sich ja einbilden.

Er isst eine Frikadelle. „Wie ich noch gearbeitet habe, hab ich zwei Frikadellen gegessen!“

Seine Tochter ist allein stehend. Seine Frau versteht so was ja nicht. Deshalb besucht er seine Dörte gerne ohne Mutti in Harvestehude. Sie ist sein Ein und Alles, die Füllung in der Marzipanschnecke. Ne ganz Zuckersüße.

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25
Nov
2010

Kopfsteinpflaster

Mama, was macht der Mann da? Und da, die Frau, was macht die? Die werden zu einem Menschen. Die werfen sich zu Boden. Die wälzen sich. Die reißen sich nicht zusammen.


Ja, mein Sohn, sie lieben sich. Sie lieben sich wie Papa und Mama.


Mama, dabei trinken sie sich? Sie saugen sich aus? Sieh mal, er wirft sie aufs Kopfsteinpflaster und sie schreit.


Davon verstehst du nichts mein Kind. Das wirst du erst lernen, wenn du groß bist.


Aber warum verbindet er ihr die Augen und steckt Watte in ihre Ohren? Und warum blutet sie?


Komm, Junge lass uns weiter gehen.


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20
Nov
2010

Der Klaus

Grüßt Euch Leute,


ich bin der Klaus und grad siebzehn geworden. Ich hab noch nie einen Mann in Unterhosen gesehen. War halt immer vom Sport befreit gewesen, du. Is irgendwie echt schade gelaufen für mich. Bin mit meiner Schwester bei meiner Oma aufgewachsen, zwischen Meerschweinchen und Vogelstimmen-Cds. Ich kann im Haushalt gut aushelfen und nähe mir meine Unterhosen selbst. Wir hams halt nicht so dicke. Neulich hab ich meine Schwester im Bikini gesehen. Das hat mich total aus der Bahn geworfen. Die sah im Bikini genauso aus, wie Mädchen im Fernsehen im Bikini, nur ohne Tätowierungen. Ich hatte wirklich gehofft, sie würde anders aussehen. Seitdem rede ich nicht mehr mit ihr. Meine Oma versucht mich zu trösten, aber irgendwie war das diesmal echt zu krass.

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18
Nov
2010

Die Traumfrau

Hallo Therapiegruppe,

ich heiße Fritz. Meine Freunde nennen mich Franz. Ich bin hier, weil mir das widerfahren ist, was jedem Mann irgendwann einmal passiert. Mir ist es geschehen. Ich hab mich in die Unerreichbare verliebt. In die Frau, von der man sagt, sie sei mütterlich, verführerisch und hat Kopf und Verstand immer an den richtigen Stellen sitzen, mal auf den Hüften und mal im Bauch. Natürlich war auch meine Unerreichbare liiert und ich auch in ganz buchstäblichen, ausgewiesen definitiv festen Händen. Ich war damals nämlich noch mit Hedwig zusammen. Also Hedwig, zweifellos eine tolle Frau, mit einer betörend ruhigen Ausstrahlung, wie eine Elefantendompteuse.

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11
Nov
2010

Rock`n Roll

Mein Name tut nichts zur Sache. Ich bin Vertreter gebrauchter Damenunterwäsche von Damen mittleren Alters für Herren mit speziellem Anspruch. Ich bin eine Art Mittelsmann, dabei Dealer, Kaufmann und Gesprächspartner in schweren Stunden. Ich bin die Feuerwehr für den einsamen Rock´n Roller, der in die Jahre gekommen ist und dessen Frauen längst auf Südseeinseln leben. Die Frauen sind dort unter sich, lassen sich hin und wieder mal junge Männer einfliegen, aber leben ansonsten die höchste Form der Liebe.

Die zurückgebliebenen Männer weinen in ihre Wunden. Sie greifen ab und zu zur Gitarre und singen kleinen Punkmädchen die Ballade vom Kokain vor, welches seine Wirkung verlor.

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9
Nov
2010

Moralischer Verfall

Nicht grüßende Kinder mit Dreck in den Ohren. Hässliche, allein liegende Väter, dem Alkohol und der Fluchtsucht verfallen. Verstoßene, die sich aufdrängen und einem ihre Jugend erzählen, und von ihrer Zeit als Rockstars. Polizistinnen, die in der Öffentlichkeit rauchen, mit offenem Haar und so aussehen, als würden sie in ihrer Freizeit als Uniformmodels arbeiten; sie wissen schon: für diese Erwachsenenfilme.

Die junge Witwe nebenan. Sie hat das Gesicht des Dämons. Jeden Abend ein anderer Besuch.

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8
Nov
2010

Die Frau

Ich bin zwischen München und Hamburg unterwegs. Ich mache in Füllfederhaltern und Broschen. Dies hier z.B. ist meine Frau: 0,8 Karat, geschliffen und feingliedrig, wie einst ihre Lenden. Sie verstarb viel zu früh, die Selige mit Temperament und süßer vorlauter Schnauze. Sie hat sich zum Edelstein brennen lassen. Jetzt steht sie hier auf dem Kamin mit Erinnerungsbild und Duftkerze. Ein Diamant meines Lebens. Leuchtend und besonders. Gut, die letzten Jahre bin ich nicht mehr mit ihr ausgegangen. Sie war von der Krankheit gezeichnet und ich hab repräsentative Aufgaben wahrzunehmen. Ich brauche Kunden, keine verständnisvollen Nicker. Der Hintern muss warm bleiben.

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30
Okt
2010

Stadtromanze

Werde nicht richtig müde, höchstens alt. Gehe auf Tauchstation in Hinterhöfen und beobachte den Mantel der Rede. Sehe Kindern nach, neben ihren leidenden Müttern, welche nur mit Not die öffentliche Onanie vermeiden können. Ihre Männer sind längst weg: auf See, Montage oder heuern als Skilehrer an.

Wenn ich dich treffe, geht die Sprache nie aus. Da spaltet sich die Sonne auf Milchreis mit Sketchup. Auch wenn es kalt ist, es gibt immer einen Ort, an dem man beim Urinieren lächeln kann.



30. Oktober 2010

29
Okt
2010

Göttin des Tages

Wir trafen uns auf Gleis 7. Er trug einen rot-gelb karierten Schal, einen weißen Bart und Skischuhe. Wir setzten uns auf eine Bank, fürs Gleisbett waren wir noch zu schüchtern. Der Winter beschlich uns. Die Knochen bebten. Seine runden Knie sahen auf meine spitzen Knie. Mit Zweitnamen hieß er Clemens. Das gefiel mir. Schon nach wenigen Minuten tauschten wir Kaugummis mit Zucker aus. Dann küsste er mich und nannte meinte Brüste angemessen und das einfallende Licht auf meinen zarten Leib, ein Geschenk Gottes. Ich wurde rot, besonders im Dekollete. Da bekomme ich immer so hektische Flecken. Der Kiosk war geschlossen, sonst wäre noch ein Piccolo vor Ort drin gewesen.

Er nannte mich „Schöne“ und Josephine. Das ist mein Zweitname. Langsam wurde uns kalt. Er hatte zwei Heizdecken mit Notaggregaten dabei. Ein wirklich gut organisierter und aufgeräumter Typ.

Bahnhofsliebe ist ansonsten nicht so mein Ding.



29. Oktober 2010

27
Okt
2010

Herr Krüger

Der Herr Krüger hat sich im Leben einiges vorgenommen und manches auch geschafft. Er mag rote Apfelbäckchen bei Damen jeden Alters, denn er hat selbst welche. Er isst auch gerne schon mal einen Apfel zum Frühstück. Er bevorzugt „Holsteiner Cox“ Er lässt sich gerne kneifen, wenn er denkt, er müsse träumen. Er geht ohne Mütze durch den Wind und macht lange Spaziergänge ohne Hund.

Früher war der Herr Krüger oft nachdenklich. Heute ist er es auch noch, aber nicht mehr so, denn er weiß heute, dass er weniger weiß. Er schreibt manchmal seinen Frauen Briefe. Die freuen sich dann und denken an ihre Vergangenheit und Jugend.

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