Befindlichkeiten

29
Apr
2010

Schönes deutsches Fernsehen

Ratespaß mit einer Prise sozialpolitischem Talk im leicht volkstümlichen Kleid. Ein Hauch Osteuropa, eine Idee Osteoporose fürs Publikum ab 49, eine Hand voll bayerischer Schick, ein wenig Finkenwerder. Der Moderatorin, dialekt- und geschlechtsfrei. Ein bisschen Fisch, ein bisschen Fleisch. Vorzeigequotenpolitikerinnen von spinatgrün bis lachsfarbend. Die weibliche Protagonistin heißt Laxmi Wirotama, vietnamesischer Herkunft, aber seit Kindertagen Schülerin einer deutschen Yamahamusikschule. Hauptsponsor ist der bekannte Hamburger Fischgroßhändler Fritz Hinkelthein mit seiner Frau Brigitte. Frau Wirotama und ihr androgyner Partnerin Markus Maria Rothenberger sind beide deutsche Meisterinnen im Hochzeigen von Spendenmarathonkontonummern. Sie bei den Frauen. Er in der Kategorie Gerichtskochshowmaster. Markus Maria Rothenberger ist sogar der Erfinderin der Gerichtskochshow.

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21
Apr
2010

Lärmendendes Entsetzen

Meine hellhaarige Jugend spult sich wie ein flimmernder „Super 8 Film“ durch meinen Kopf. Aber mit Ton. Der Ton vom Fliegen. Da war sie wieder. Susanne Meier-Karotin mit dem damals unhippen Zopf bis zur 501. Ihre Umarmungen waren so herzlich, dass ich tagelang nicht sprechen konnte. Sie kochte für mich auf der Straße. Frischer Tee oder eine klare Gemüsesuppe standen mir stets zur Verfügung. Das war ihr Leichtestes sozusagen.

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16
Apr
2010

Bodenständiger Bürosex

Seit neustem nehme ich mir vor ein sehr anständiger Angestellter zu sein. Ein grundsolider echt guter Angestellter. Kein Narr, aber ein guter Mensch, mit dem jeder gerne Umgang hat. Man nennt das auch kollegial. Ich habe sogar begonnen, mich mit der Bezeichnung „lieb“ anzufreunden.

Ich räume immer alles auf am Ende eines aktiven Arbeitstages. Der Schreibtisch ist leer, nur zwei gut gespitzte Bleistifte mittelhart habe ich am Rande grafisch logisch platziert. Wenn Frau Vitamalz, die Gute, mir noch einen Kaffee anbietet, sage ich nicht nein. Frau Vitamalz ist eine sehr saubere und gut erzogene Osteuropäerin, welche durch Heirat herkam. Sie trägt Hosenanzüge der gehobenen Kreisklasse, und somit der nicht ganz billigen Preisklasse. Ihre Spange hat Charme, ist nicht der unsrige Stil, aber als guter Mensch freue ich mich darüber.

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15
Apr
2010

Frau Dr. Labskaus

Frau Dr. Labskaus benutzt gerne festes Schuhwerk in öffentlichen Verkehrsmitteln. Sie bevorzugt Pullover und Jeans, hin und wieder trägt sie einen dekorativen Schal. Sie wuchs in einem schmiedeeisernen Kessel auf, in dem sie die ersten sieben Lebensjahre mit ihren drei Geschwistern verbringen musste. Zum Baden wurde Feuer unter dem Kessel gemacht. Sie roch dann wie frischer Hummer.

Als hoch begabtes Mädchen übersprang sie zwei Klassen und verklagte schon frühzeitig ihre Eltern, zwei bärtige Hochseekapitäne mit frühen Skorbuterfahrungen. Aber das rechtfertigt nichts. ...

14
Apr
2010

Die Zellennachbarin

Kein Stromanschluss im Fleischgericht. Die Küche ist so kalt, wie der Fußboden. Es schmeckt nach Eisen. Meine Armhaare sträuben sich. Sie starrt mich an. Sie starrt mich seit einer Stunde an. Sie starrt auf das tanzende Spinnengewebe in meinem Gesicht. Es tanzt vor den Augen. Ich verliere den Glauben an die Besinnung. Ich kaufe die Blumen im Weinlokal und lasse sie dort achtlos liegen.

Kein Stromanschluss im Fleischgericht. Sie schmiert sich ein Brot. Sie sammelt die Zwiebeln aus dem Zwiebelmett. Sie geht auf und ab, im Stechtakt. Ihre Schuhe lärmen. Die Stadt ist weit weg. Die Menschen sind weit weg. Formfleischtapeten hängen an den Wänden. Die Wände rufen. Sie machen Putz.

Ich klopfe an die Zellentür und bitte um ein Gespräch.


13. April 2010

14
Mrz
2010

Der Labskaustraum

Eines Morgens wachte ich im Bauch des Walfischfriedens aus dem naturgeschichtlichen Alphabet von Wilhelm Busch auf. Ich irrte durch ein mir noch unbekanntes Paradies. Citronen mit C hingen an den Sträuchern, biologisch etikettiert. Ein dummer Esel stand davor und rief den arglosen Elefanten. Xy waren versteckt unter einer Heizdecke, die noch von einer Verkaufsfahrt für Rentenempfänger stammen musste. Die Frauen waren wunderschön anzusehen. Blass und mit vollen Mündern und Zöpfen bis zu den Zehen, welche gut mit ihren Zopfpullovern korrespondierten. Irgendwo brodelte ein arg riechendes Chili.

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9
Mrz
2010

Dosenfutter

Es platzt Farbe vom Balkongeländer. Laut bellt die Töle. Ich halte mich. Meine Armkraft lässt nach. Es ist Zeit. Es riecht im Bad nach Schwedenbitter. Ein letzter Blick in den Spiegel. Ein verlorener Kreis zwischen den Fliesen. Mir wird kurz schwindelig. Ich halte mich am Becken fest. Es ist Zeit.

Ich schließe die Tür leise hinter mir. Habe ich an alles gedacht? An den Zettel fürs Blumen gießen? Ja! Ist das Dosenfutter gut sichtbar aufgestellt? Ja! Habe ich die wichtigsten Telefonnummern notiert? Ja. Die Straße ist so grell und hell. Ich schau nach oben. Es platzt Farbe vom Balkongeländer. Die Töle wimmert. Dann wende ich mich ab. Für immer.

Der Bus kommt. Der Fahrer fragt mich, ob alles in Ordnung sei. Mein erstes Lächeln an diesem Morgen.

9. März 2010

2
Mrz
2010

Beate und Uwe 2

Beate ist der Meinung, ihre linke Brust wäre größer und nachgiebiger als die rechte. Uwe kann das nicht bestätigen, denn sein linkes Auge ist auch deutlich schlechter, als das rechte. Er hat ein dominantes und ein nachhängendes Auge. Demnach beurteilt er Beates Körper nach Gefühl und Pi mal Daumen. Und demnach ist alles okay.

Beate ist eine Frau und lässt sich damit nicht abspeisen. Schließlich kann das nicht alles gewesen sein und sie ist noch in den besten Jahren, jedenfalls so ungefähr. Um auf Beates Brust zurückzukommen, müsste man sich damit eigentlich tiefer beschäftigen.

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28
Feb
2010

Beate und Uwe

Seit geschlagenen vier Jahren wollen Beate Schnell und Uwe Wimmer aufs Land ziehen. Sie scheitern an der Unlust der Veränderung. Sie gibt Mathe und Biologie und selten Erdkunde. Er macht Lach- und Sachkunde und manchmal Sport. Das unverheiratete Lehrerpaar bringt sich seit geraumer Zeit das Rauchen bei, aber das klappt noch nicht so richtig. Es ist immer wieder seltsam zu sehen, dass Lehrer ganz normale Dinge nicht beherrschen. Wenn Uwe versagt, dann haut sie ihm eine runter, aber nicht so doll, wie es ihm gut täte.

Uwe hat durchaus eine interessante Vergangenheit. Er stammt aus dem Süden des Landes und war mal bayerischer Meister im Eierstockschießen. Das hat der damals jungen Beate sehr imponiert, zumal solche Männer eigentlich etwas von Frauen verstehen.

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24
Feb
2010

Seeleneieierstock

Mag sein, dass du mir nicht mehr so lieb und teuer bist. Du gerinnst halt wie alle, die in die Jahre kommen sind und ihre Tage bekommen. In Hafenkneipen bist du schon noch ein erfreulicher Anblick. Ein gut bedienbarer entzündlicher Prozess. Fern ab der oberflächlichen Freude und mit dem Alltagsleiden wunderbar vertraut. Andere nennen das: die Frau fürs Leben. Ich kann halt nicht anders.


23. Februar 2010
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